Die Mönchskuhle

von Peter Wessels, Dorsten

In einsamer Heide am Alten Postweg von Dorsten nach Sterkrade liegt inmitten dunkler Tannen ein Heidekolk. Dann und wann wirft der Wind zerrissene Signale des Verkehrs von der Kirchhellener Chaussee übers Heideland. Sonst tiefe Stille ringsum. Nur selten steigt ein einsamer Wanderer, der fern vom Getriebe des Alltags in der stillen Natur eine Feierstunde der Seele sucht, hier hinauf.

Nicht mehr mahlen die Bauernwagen durch den Heidesand, um eine Fuhre zur Flachskuhle zu bringen wie ehedem. Die Zeit des Flachsbaues und seiner Verarbeitung ist vorbei; aber die Sage von dem stillen Heidekolk, die damals die Mädchen am surrenden Spinnrad erzählten, kennt das Volk heute noch.

Vor vielen hundert Jahren stand in der Nähe des Alten Postweges ein Kloster. Die Mönche, die in Betrachtung und Gebet Gott dienten, waren weit und breit bekannt. War in den Kirchen der Umgegend ein Geistlicher zur Aushilfe nötig, waren sie zur Stelle. Und es waren Sonntage, die das Volk nicht vergaß, wenn ein Pater aus dem Kloster des stillen Heidelandes die Sonntagspredigt hielt. Frohe Stunden verlebten die Bauern von Ekelo und Schwiking, wenn die Mönche auf ihren abgelegenen Höfen zu Gast waren oder zur Kollekte erschienen. Doch unheimlich und bang war es ihnen, wenn sie den Ertrag der Kollekten an der Klosterpforte abgaben und von den stillen Bewohnern durch die Räume des Klosters geführt wurden. Unheimlich wars dem nächtlichen Wanderer, der bei Vollmond am Klostergebäude vorbei seines Weges zog, unheimlich dem Postkutscher, wenn er am Klosterhof anhielt, um Briefe zu empfangen oder Bestellungen auszurichten. Unheimlich wars den Kaufleuten, die im Planwagen das Kaufmannsgut vorüberführten.

Warum? Das wusste so recht keiner. Zwar wollte mancher Geheimnisvolles vom Heidekloster und von seinen Bewohnern wissen; doch offen auszusprechen wagte dies niemand. Dem Kloster aber wurde ein schreckliches Ende. In einer Sommernacht, als ein schweres Gewitter über die Heide ging, fuhr es mit seinen Insassen in den Abgrund. Dort, wo es gestanden, bildete sich ein Kolk, den wir heute noch sehen, — die Mönchskuhle.

aus: Gladbecker Blätter 1933

Anmerkung:
Zahlreiche Kirchhellener kennen die Mönchskuhle nicht. Sie ist ein Hochmoor — gleich dem Kletterpoth — und liegt im äußersten Norden der Gemeinde südlich des bereits auf Dorstener Gebiet befindlichen Campingplatzes.